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"Verwaistes BGM in liebevolle Hände abzugeben" ... So ungefähr klang es manchmal für mich, wenn ich BGMler/innen-Wünsche hörte. Letztlich muss das BGM aber innerhalb des Hauses geschehen - externe Berater können nur (aber immerhin) dabei unterstützen.

Immer wieder sind mir in meiner langjährigen Beratungstätigkeit Unternehmen begegnet, die die Verantwortung für Gesundheit abgeben oder gar einkaufen wollten. Das ging vom “Der Vorstand meint, wir müssten Wertschätzungsseminare einkaufen” über “Senken Sie mal unsere Fehlzeiten” bis hin zu “Unsere Führungskräfte müssen mehr Menschlichkeit eingeimpft bekommen.” Mir kam das immer vor wie in einer Tiere-finden-ein-Zuhause-Sendung:

“Betriebliches Gesundheitsmanagement in liebevolle Hände abzugeben” …

Mein Fazit aus solchen Erfahrungen lautete jedes Mal: Letztlich müssen die Betriebe ihr BGM selber machen – immer.

Kann man die Verantwortung fürs BGM abgeben?

Auch wenn der Wunsch verständlich ist, schließlich hat man genug zu tun. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement in externe Hände abgeben zu wollen: Das funktioniert nicht. Wie soll das gehen?

  • “Ich brauche nicht nett mit meinen Leuten umzugehen – das macht der externe Berater.”
  • “Ich brauche beim Einkauf nicht auf Gesundheitsförderlichkeit zu achten – das macht die Unfallkassen-Vertreterin.”
  • “Ich brauche mich nicht um gesunde Arbeitsbedingungen zu kümmern – das macht die Technische Aufsichtsperson.”
  • “Ich brauche nicht wegen der hohen Fehlzeiten mit den Schichtführern zu reden – das macht die Krankenkasse.”
  • “Ich brauche nicht mit meinem Team über psychische Überlastung zu sprechen – das macht die Sozialberatung.”

Schöne heile Welt. Zugespitzt heißt das in Bezug auf Betriebliches Gesundheitsmanagement insgesamt:

  • “BGM?! – Das macht bei uns der Gesundheitsmanager.”

Man könnte meinen, da möchte sich jemand überflüssig machen. Ein Vorstand, ein/e Vorgesetzte/r, ein Schiftführer, der so argumentiert, hat nicht verstanden, dass Betriebliches Gesundheitsmanagement immer von Menschen gemacht ist. Und zwar von Menschen in Betrieben. Und dass es dabei auf Beziehungen ankommt. Beziehungen kann man nicht delegieren. Die muss man selbst gestalten.

Berater wollen Ihnen etwas verkaufen. Das ist doch klar.

Das ist deren Job. Davon leben die (ich ja auch lange Jahre). Das ist erst einmal seriös und fair und grundsätzlich in Ordnung. Aber mit dem Einkaufen solcher Leistungen ist es eben nicht getan. Ein gelingendes BGM erfordert, dass sich die Menschen im Unternehmen mit dem BGM identifizieren. Und das sagen seriöse Berater/innen (und davon kenne ich viele) Ihnen auch. Es geht um elementare Abläufe innerhalb eines sozialen Gefüges: teilnehmen, mitmachen, mitgestalten. Das lässt sich nicht delegieren. Aber man lässt sich durch externe Berater/innen unter Umständen leichter dazu motivieren.

Dass Berater/innen es schon mal so aussehen lassen, als würden sie Ihnen die komplette Arbeit abnehmen, ist verständlich. Schließlich leben sie davon, dass Sie ihre Dienstleistungen einkaufen – und je umfassender diese Dienstleistungen sind, desto besser für die Beratenden. Das ist nicht verwerflich. Es sollte Sie bzw. Ihren Vorstand, Ihre Leitenden etc. nicht darüber hinwegtäuschen, dass die eigentliche Arbeit des Transfers im Betrieb und im ganz normalen Alltag geschieht.

Was BGM-Beratung und eingekaufte Veranstaltungen für Sie (nicht) leisten

Externe Unterstützung ist wichtig, aber nie ein Ersatz. Betriebliches Gesundheitsmanagement lässt sich nicht auslagern; aber weise Menschen lassen sich durch Profis unterstützen. Das gilt auch fürs BGM. Die folgende Übersicht zeigt, was externe Berater/innen und Workshops/ Seminare für Ihr BGM leisten können – und was nicht.

Was Externe für Sie leisten

Was sie nicht leisten

Zum Beispiel bei der Moderation von Gesundheitszirkeln oder evtl. sogar von Sitzungen des Arbeitskreises Gesundheit können externe Berater/innen die Anfangshemmungen nehmen und es den Mitgliedern erleichtern, überhaupt erst einmal über Gesundheit ins Gespräch zu gehen. Viele innerbetriebliche BGM-Akteurinnen/-Akteure fühlen sich sicherer, wenn sie für die ersten Sitzungen einen Profi an ihrer Seite wissen. Dazu ein Tipp – mit Formulierungsvorschlägen, sehr konkret:

Broschüre der Unfallversicherung Bund und Bahn

Aber diese Begleitung (z.B. durch Vertreter von Krankenkassen oder Unfallkassen) versteht sich als Hilfe zur Selbsthilfe – und nicht als Dauereinrichtung.
Auch beim Entwerfen und Auswerten von Fragebögen für Mitarbeiter-Befragungen ist externe Beratung wichtig (meiner Meinung nach unverzichtbar). Selbstgestrickte Fragebögen werden in den seltensten Fällen sozialwissenschaftlichen Kriterien genügen, und wenn bei der Auswertung der Datenschutz verletzt wird (bzw. Mitarbeitende dies befürchten – das reicht schon!), dann ist das BGM gestorben, bevor es leben konnte. Die Auswertung nach außen zu geben, ist also sehr wertvoll, wenn man Vertrauen schaffen möchte.Aber bei der Präsentation der Ergebnisse sollten dann wieder alle an Bord sein. Für hohe Beteiligung zu sorgen – das ist dann wiederum Ihre Aufgabe bzw. die der Führungskräfte.
Seminare für Führungskräfte, z.B. zur Fehlzeiten-Reduzierung oder zur Einführung von Willkommensgesprächen (= modifizierte “Krankenrückkehr-Gespräche”) können den Führungskräfte Impulse geben für den Umgang mit Anwesenden (!) und Abwesenden.Aber letztlich müssen die Führungskräfte die Beziehung zu ihren Mitarbeitenden immer selbst gestalten.
Seminare für Mitarbeitende, z.B. zur Stressbewältigung, zu Resilienz oder Achtsamkeit, die derzeit sehr en vogue sind (nicht nur wegen der gesetzlich geforderten Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen), können dazu beitragen, den einzelnen Menschen zu stärken.Aber sie dürfen nicht zu Alibi-Veranstaltungen verkommen, sprich als “Pflaster” missbraucht werden, weiterhin die Arbeitsbedingungen weiterhin krank-machend bleiben.
Externe Vortragsredner schaffen häufig eine einzigartige Atmosphäre, schweißen zusammen, ermöglichen ein Gemeinschaftserlebnis, vermitteln Fachwissen, während man dem “Propheten im eigenen Haus” weniger Kompetenz zutraut (oft zu Unrecht). Die Erinnerung an das Event kann das Zugehörigkeitsgefühl stärken.Aber auch der beste Vortrag kann nicht wirken, wenn das Gemeinschaftsgefühl im Arbeitsalltag durch strenge Vorgaben, enge Kontrollen, Ausdruck von Misstrauen konterkariert wird.

 

Was Sie / die Menschen im Betrieb letztlich immer selbst schaffen müssen

Das ist Ihnen sicher ohnehin schon klar gewesen:

  • Gesundheit besprechbar machen (sie aus der Tabuzone holen)
  • alle ins Boot holen, so dass sich niemand außen vor fühlt
  • dafür sorgen, dass Gesundheit wie selbstverständlich mitgedacht wird
  • auch psychische Aspekte von Gesundheit zu berücksichtigen
  • immer wieder an Gesundheit erinnern – mit kleinen wiederholten Impulsen
  • selbst als Vorbild vorangehen, ohne zu missionieren

 

Ein Impuls aus dem Hause “do care!”, mit dem Sie das schaffen können

Sie wollen die Menschen im Betrieb dabei unterstützen, gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen und gesund mit sich und anderen umzugehen. Und zwar möglichst alle! Dabei ist mein Video-Kurs “Mehr Erfolg im BGM 1: Alle Zielgruppen erreichen” eine Unterstützung für Sie.

Wenn Sie den Link oder dieses Bild anklicken, können Sie sich näher über den Kurs informieren.

Über die Autorin

Anne Katrin Matyssek

Hier im Blog von "do care!" finden Sie meine Meinung, Empfehlungen und Standpunkte zu aktuellen Themen und zu Evergreens rund um Fehlzeiten, Betriebskultur und gesundheitsgerechte Führung.
Mit meinen Materialien unterstütze ich Profis, die in Firmen und Behörden mit Führungskräften arbeiten und so für mehr Wohlbefinden und Echte (!) Anwesenheit im Betrieb sorgen.

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