Als Führungskraft können Sie viel fürs Betriebsklima tun. Das Fallbeispiel zeigt, wie leicht das Klima in Schieflage gerät. Der Artikel enthält Tipps für Sie als Führungskraft, wie Sie solche Entwicklungen vermeiden.
Ein Fallbeispiel aus der Beratungspraxis
Der Teamleiter eines CallCenters rief mich an und erklärte im Briefinggespräch: Er habe vier Frauen im Team, „die bringen’s nicht“ und „die haben innerlich gekündigt“. Sie würden seine Zielvereinbarung gefährden (Tantieme …!) und das Klima im gesamten Team ruinieren. Ich fragte ihn, wie denn ansonsten das Betriebsklima sei, und er fing an, regelrecht zu schwärmen: Das sei super, sie hätten viel Spaß mit einander. Darauf hin fragt ich ihn: „Wie viele Leute haben Sie denn?“ Die Antwort: „12!“
Wie geht das denn? Ein Drittel hat innerlich gekündigt, und dennoch steppt der Bär? Da konnte etwas nicht stimmen. Der Mann kaufte mich für zwei Tage ein. Das war nett fürs Konto, aber eine halbe Stunde hätte vermutlich genügt. Jede/r konnte auf Anhieb sehen, was in dem Team schief lief: Der Teamleiter hatte in seinem Team zwei hübsche junge blonde Frauen. Mit denen flirtete er am laufenden Band. Die hatten Spaß. Dann gab es in dem Team noch sechs Männer. Auch die hatten Spaß, sie haben ihren Chef machen lassen und noch ein paar Witze beigesteuert. Es gab übrigens wirklich viel zu lachen, ganz ehrlich. Ich hatte auch meinen Spaß.
Aber dann gab es eben in diesem Team noch vier andere Frauen. Zum Teil mit anderer Haarfarbe, zum Teil etwas älter. Jedenfalls – mal wertfrei beschrieben – hatte der Teamleiter zwar auch zu diesen Damen Kontakt. Als Vorgesetzter musste er das ja sowieso. ABER: Die emotionale Qualität des Kontakts war eine fundamental andere: Wenn er mit diesen Mitarbeiterinnen sprach, waren seine Mundwinkel nach unten gezogen, seine Körpersprache ohne Spannung, seine Stimme tonlos.
Es war völlig klar, dass die 4 Frauen keine Lust hatten, sich für diesen Teamleiter besonders ins Zeug zu legen – ebenso klar war, dass sie sich nicht persönlich bei ihm beklagt haben, etwa mit Worten: „Flirten Sie doch endlich mit mir, sonst fühl ich mich in meinem Selbstwertgefühl gekränkt.“ Dazu ist das Thema viel zu intim. Sie haben einfach weniger Leistung gebracht.
Was ist das Fazit aus diesem Fall?
Das Fall-Beispiel Call-Center belegt, dass Führungskräfte durchaus etwas tun können im Hinblick aufs Betriebsklima. Sie können die Stimmung ruinieren oder das Betriebsklima verbessern.
Gerechtigkeit ist ein ganz wichtiger Faktor für das Klima und damit für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Sobald Menschen das Gefühl haben, dass sie zu wenig Wertschätzung bekommen oder weniger als andere, ist das Klima beeinträchtigt.
Natürlich hat jede Führungskraft Team-Mitglieder, die ihrem Herzen näher stehen als andere, aber auch die nicht so geliebten können Sie fragen: „Schönes Wochenende gehabt? Schöner Urlaub?“
Und ganz wichtig: Willkommensgespräche mit allen, damit sich niemand ausgegrenzt oder in die Negativ-Ecke gedrängt fühlt. Hierzu gab es schon einen Gesund-Führen-Podcast.
Wie kommen Sie morgens zur Arbeit? Gut gelaunt? Beginnen Sie auch in Sachen Stimmung bei sich selbst: Bemühen Sie sich um positive Stimmung (Anregungen hierzu: in der 6. Podcast-Pause; podcast-pause.de).
- erbringen Sie Dienstleistungen, z.B. Kaffeekochen etc. extra für Ihr Team
- erlauben Sie Schwätzchen! – wenn Sie das für Zeitverschwendung halten, hören Sie noch mal den GFP von letzter Woche. Tipp: Stellen Sie sich dazu!
- nicht lästern, nur gut über einander sprechen!
- gemeinsame Veranstaltungen
- im Extremfall: Teamentwicklungsmaßnahme durch externe Trainer/innen
Wertschätzung, Respekt, Freundlichkeit, positiv gestimmte Ansprache – auch das trägt zu einem gesunden Betriebsklima bei. Ganz wichtig: Fairness und Gleichbehandlung.
Fazit für Sie
Sie können als Führungskraft einen enormen Einfluss ausüben auf das Klima in Ihrem Team, insbesondere durch Gleich- oder Ungleichbehandlung. Achten Sie insbesondere auf die im Folgenden genannten Faktoren.
Achten Sie darauf, dass Sie nicht nur mit Ihren Lieblingen Spaß haben!
Was Sie ganz konkret fürs Betriebsklima tun können
- Gerechtigkeit ist ein ganz wichtiger Faktor für das Klima und damit für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Sobald Menschen das Gefühl haben, dass sie zu wenig Wertschätzung bekommen oder weniger als andere, ist das Klima beeinträchtigt. Das werden die Leute der Führungskraft aber – wie in dem Fallbeispiel – nicht ins Gesicht sagen.
- Natürlich hat jede Führungskraft in ihrem Team Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die ihrem Herzen näher stehen als andere, aber auch die nicht so geliebten kann man fragen: „Schönes Wochenende gehabt?“ oder „Wie war der Urlaub?“ Dazu braucht man sich nicht verbiegen, und dennoch bemüht man sich um emotional positiv gefärbten Kontakt zu allen.
- Und ganz wichtig: Führen Sie Willkommensgespräche mit ALLEN, damit sich niemand ausgegrenzt oder in die Negativ-Ecke gedrängt fühlt. Hören Sie dazu ruhig noch einmal in den Gesund-Führen-Podcast 02 (da ging es um die Fragen: Was ist das Willkommensgespräch? Wann führen Sie es mit wem wie lange? Was bewirt das?).
- Fragen Sie sich ganz selbstkritisch nach Ihrer Vorbildfunktion: Wie kommen Sie morgens zur Arbeit? Gut gelaunt? Beginnen Sie auch in Sachen Stimmung bei sich selbst: Bemühen Sie sich um positive Stimmung (Anregungen hierzu finden Sie in der 6. Podcast-Pause; www.podcast-pause.de).
- Verstehen Sie sich (manchmal!) als Dienstleiter. Erbringen Sie kleine Dienstleistungen für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, z.B. Kaffeekochen etc. extra für Ihr Team. Das passt nicht zu jeder /jedem, ich weiß. Aber Teams mit einem „dienst-leistenden Chef“ haben in der Regel ein positives Betriebsklima.
- Erlauben Sie Schwätzchen! – wenn Sie das für Zeitverschwendung halten, hören Sie noch mal den Gesund-Führen-Podcast 015 oder lesen Sie den Artikel „Das Betriebsklima ernstnehmen“. Mein Tipp: Stellen Sie sich dazu, wenn Menschen aus Ihrem Team bei einander stehen! Lächeln Sie einfach, steuern auch ein, zwei Sätze bei, und vermutlich wird sich die Gruppe eh nach kurzer Zeit wieder auflösen. Nicht beleidigt sein, auch nicht, wenn das Gespräch verstummt, sobald Sie den Raum betreten (das muss nicht heißen, dass man über Sie geredet hätte! Sie reden auch anders, wenn Ihre Führungskraft dabei ist).
- Und seien Sie auch nicht beleidigt, wenn Sie nicht zum Gemeinschaftskegeln eingeladen werden. Das ist eben ein bisschen die „Einsamkeit der Führungskraft“. Gemeinsame Veranstaltungen (bei denen quasi Sie der Einladende sind) sind in der Regel gut fürs Betriebsklima.
- Ganz wichtig: Nicht lästern, nur gut über einander sprechen! Das gilt auch für Kontakte nach außen. Stellen Sie sich vor und hinter Ihr Team – je nach dem, was gerade nötig ist, um das Team zu stärken.
- Und falls das Kind schon in den Brunnen gefallen ist: Teamentwicklungsmaßnahmen durch externe Trainer/innen können Wunder bewirken und ein Team ganz neu zusammenschweißen.
- Wertschätzung, Respekt, Freundlichkeit und positiv gestimmte Ansprache – auch das trägt zu einem gesunden Betriebsklima bei. An oberster Stelle Ihrer „Betriebsklima-Verhaltens-Priorität sollte aber das Thema von oben stehen: Fairness und Gleichbehandlung auch bei der emotionalen Färbung Ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen zu den Menschen im Team.
Oder anders gesagt gleichsam als Fazit:
Sorgen Sie dafür, dass Sie sich möglichst im Umgang mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gleich wohl fühlen!
Wenn Sie das Thema vertiefen möchten, empfehle ich Ihnen neben den weiteren Links in diesem Tab auch das eBook Gesund Führen – Das Betriebsklima pflegen
Darin erfahren Sie unter anderem, warum Ihre eigene Stimmung so wichtig ist fürs Klima, was das Betriebsklima mit Gesundheit zu tun hat und wie Sie Meetingspositiv gestalten.