Gesund-Führen-Trainer-Porträt: Philipp Grunwald

veröffentlicht in: Führung + Gesundheit

 

Unter der Überschrift "Gesund-Führen-Trainer/innen-Porträts" werden ausgewählte Profis vorgestellt, die die Train-the-Trainer-Fortbildung von "do care!" erfolgreich durchlaufen haben. Heute: Philipp Grunwald von "Das Perspektivenwerk" in München. 
   
     

Seit wann bist Du Gesund-Führen-Trainer, und was hat Dich dazu bewogen, die Trainer-Fortbildung anzugehen?

Seit ungefähr 5 Jahren, seit 2013 oder 2014 bin ich Gesund-Führen-Trainer, damals habe ich bei euch die Ausbildung gemacht. Ein Kollege hat mich auf das Thema gebracht, er war der Meinung: „Das Thema kommt immer mehr und könnte ja für dich interessant sein.“  Da lag er ganz richtig.

Was ich daran schön finde: Es geht zunächst um den Blick auf die Führungskraft. Also die Frage, wie geht die Führungskraft eigentlich mit sich selbst um? Im Vorfeld habe ich viel im Bereich Stressmanagement gearbeitet. Das hat sich gut ergänzt: Gesund Führen und das Thema Stress/ Erhalt der eigenen „Arbeitsfähigkeit“.

Mir gefällt daran, dass die Teilnehmer sich mit sich auseinandersetzen dürfen.

Ein Bewusstsein zu schaffen, für sich selbst und die Rolle als Führungskraft im Team und in der Organisation. Und darauf aufbauend die 6 Dimensionen aus dem Baumbild zu erschließen, das hat sich wertvoll angefühlt und die Praxiserfahrung zeigt auch die Wirksamkeit. Jetzt bin ich ja eine ganze Weile mit dem Thema unterwegs. „Gesund Führen“ ist das Seminar, das ich am häufigsten durchführe. Mir fallen immer wieder neue Dinge am Baum auf bzw. interpretiere ich ihn gemeinsam mit der Gruppe immer wieder neu. Es wird also nicht langweilig.

Ca. die Hälfte meiner beruflichen Tätigkeit verbringe ich mit individuellen Einzelcoachings – sowohl mit Führungskräften, Mitarbeitenden als auch mit Privatpersonen. Da kann man gemeinsam an den verschiedensten Themen arbeiten, je nach dem, was das Ziel/ Anliegen des Klienten ist. Das Schöne dabei ist, ich lerne immer wieder mit. Als Stichwort ist das Wort Co-Evolution zu nennen, beide Seiten wachsen am Prozess. Das ist wirklich wunderbar. Coachings bei uns sind immer lösungs- & ressourcenorientiert und eng mit dem Anliegen des Coachees verknüpft. Das ist wichtig.

Diese Erfahrung aus vielen Einzelcoachings erlebe ich natürlich auch als sehr hilfreich bei meiner Arbeit als Trainer und/ oder systemischer Teamentwickler.

Mittelfristig plane ich mehr, in Richtung Kultur- & Organisationsentwicklung zu gehen. Das ist so ein intransparentes, subtiles Arbeitsfeld, das interessiert mich einfach.

Bei meiner Arbeit als Gesund Führen-Trainer ist es mir sehr wichtig auf Augenhöhe mit den Teilnehmenden zu sein, um Ängste/ Skepsis bei diesen eher „Soft-Skill-Themen“ zu reduzieren. Eine wertschätzende Grundhaltung ist dabei für mich das A & O. Und zu wissen: Ich kann die Probleme anderer nicht lösen, ich kann nur an die Selbstverantwortung der Teilnehmenden appellieren. Keiner macht die Arbeit für einen, das kann jeder nur für sich selber tun. Das vermittle ich auch im Seminar: Mutig zu sein. Gefühle und Bedürfnisse und sich selbst ernst nehmen. Klar zu kommunizieren, was ich will und was nicht. Da sind wir wieder beim Thema SelfCare – die Basis für eine „gute“ Führungskraft.

Es gibt meiner Meinung nach so viele Führungskräfte und Mitarbeiter, denen es einfach nicht gut geht bei dem, was sie tun.

Prozesse, Transformationen, Veränderungen, ständige Erreichbarkeit, verschiedene Anspruchsgruppen, keine Zeit für Reflexion und konstruktive Gespräche… Was ist denn eigentlich los? Die Liste ist lang… Daher kann die Gesunde Führung auch als Grundlage zur positiven Beeinflussung einer bewussteren & nachhaltigeren Unternehmenskultur gesehen werden. Ich glaube auch, dass es in Zukunft nicht ohne dem geht, sonst verlieren wir uns im berühmten Hamsterrad, welches sich seit Jahren immer schneller dreht. Bewusstes und verantwortliches Entgegensteuern ist da gefragt, um Komplexität zu reduzieren und Verantwortungen neu zu überdenken.

Wichtig ist dabei allerdings, dass alle in diesem Prozess involviert werden. So schwer sich das auch anhört, nur so kann es funktionieren.

 

Welchen Seminar-Baustein magst Du am liebsten?

Was ich gerne mag und als sehr wertvoll empfinde, ist die Kollegiale Beratung. Hierbei haben die Teilenehmenden die Möglichkeit sich mit Ihren eigenen Herausforderungen auseinanderzusetzen und lernen von den Ideen, Erfahrungen der Kollegen. Auch wenn es nicht so beliebt ist, und je nach dem wie viel Zeit man zur Verfügung hat, mache ich gerne Rollenspiele für Mitarbeitergespräche. Hier liegen so viele Fallstricke und man kann mit einfachem Handwerkszeug relativ viel erreichen. Und dies einfach in einem lockeren Ambiente zu üben, bietet, das habe ich bei verschiedenen Auswertungen gemerkt, einen hohen Mehrwert für den Führungsalltag.

 

 

Welches ist Deine bevorzugte Branche? Was ist das Besondere bei den Führungskräften in diesem Bereich?

Komplett querbeet. Ich mag es aber gern, mit Führungskräften im sozialen Bereich zu arbeiten, da ich manchmal das Gefühl habe, dass diese Zielgruppe mehr Mensch sein darf und daher leichter versteht, worum es bei Führungsfragen in der Essenz eigentlich geht. Möglicherweise ist der Druck von Außen z.B. durch „Optimierungswahn“ nicht so hoch. Natürlich gibt es in anderen Branchen das ebenfalls, jedoch ist mir das im sozialen Bereich häufig aufgefallen.

Ich glaube einfach das liegt daran, dass es im sozialen Bereich einfach noch mehr „menschelt“. Mehr davon täte alle Organisationen gut.

Was ich allerdings nicht mehr so gern mag, wenn das Gesund-Führen-Seminar eine verpflichtende Maßnahme ist. Auch, wenn das natürlich manchmal notwendig ist. Dann bin ich im Vorfeld aber auch gerne bei der internen Kommunikation der Maßnahme dabei, da man hier in ein paar Fettnäpfchen treten kann und ich diese gerne umgehen möchte, damit die Maßnahme ein höheren Mehrwert für alle Beteiligten hat.

 

Was war Deine schönste Erfahrung in einem Gesund-Führen-Seminar? Ggf. auch: und was war die schlimmste – was hast Du daraus gelernt?

Eine sehr schöne Erfahrung war mein allererstes Gesund-Führen-Seminar, wo ich vorher total aufgeregt war. Das ist dann über 2 Tage super gelaufen. Ich kann keinen speziellen Moment rauspicken. Das waren Führungskräfte einer Krankenkasse. Die haben kaum Fluktuation. Die Führungskräfte dort sind in der Regel „Eigengewächse“.

Und das schlimmste Erlebnis? Auf dem Weg zu einem Seminar gab es eine Totalsperrung der Autobahn, ich musste die 4-A-Methode anwenden (nach Prof. G. Kaluza: Annehmen, Abkühlen, Analysieren, Ablenkung oder Aktion). Ich war tierisch gestresst, kam zu spät. Aber die Leute haben es mir verziehen, und ich konnte mit einem verschmitzten Lächeln beginnen und es auch mit Humor nehmen. Ich mag es, wenn wir auch etwas zu lachen haben und wenn das auf meine Kosten geht, ist das auch in Ordnung.  Lachen endstresst und sorgt für eine gute Stimmung.

  1. Lachen entstresst und sorgt für eine gute Stimmung.

 

Welche Voraussetzungen müssen Deiner Meinung nach gegeben sein, damit ein Gesund-Führen-Seminar erfolgreich ist?

Seitens der Organisation: Gute Vorbereitung, und die Information aller im Unternehmen: Was gemacht wird, welche Intention dahinter steht, das muss klar sein. Alle Führungskräfte, auch die obersten sind dabei.

Seitens der Führungskräfte: Offenheit und Ernsthaftigkeit, weil das auch Raum lässt zum Reflektieren und um mit sich in Resonanz zu gehen. Was läuft gut, was noch nicht, was will ich verändern?

Seitens der Seminarleitung: Aufgeschlossenheit, Flexibilität. Und auch manchmal Raum für etwas Anderes, was nicht im Trainerleitfaden steht. Ich bin weg von starren Mustern/ Konzepten. Ich mache es seit 2 bis 3 Jahren so, dass ich Raum gebe für Diskussion. Wenn die gerade ansteht, dann darf die auch sein. Gelassenheit, Ruhe, Humor, Ernsthaftigkeit. Als Seminarleiter sehe ich mich als Art  Führungskraft für die Führungskräfte im Seminar. Diese 6 Dimensionen lebe ich als Seminarleitung vor.

 

Warum bist Du die / der Richtige für Gesund-Führen-Seminare? Was ist das Besondere an Dir? Was sind Deine Stärken?

Ich würde mich nicht als den Richtigen bezeichnen. Ich würde mich als jemand bezeichnen, der sagt: Wenn eine Organisation das ernsthaft angehen möchte, dann habe ich Lust, sie dabei zu begleiten.

Bei mir steht gemeinsames Lernen im Vordergrund, weil ich ja bei jeder Maßnahme mitlerne.

Was ich gut kann: Die Leute so weit abzuholen, dass sie das Thema ernstnehmen.

Ohne das Gefühl zu geben, dass sie was falsch machen. Leute begeistern, das fällt mir leicht. Mit einem Augenzwinkern ernsthaft hinschauen.

 

Wie bist Du damit umgegangen, wenn Du den Eindruck hattest, das Seminar soll eigentlich nur ein Pflaster sein – während in Wirklichkeit die Verhältnisse krank machen? Hattest Du schon einmal den Eindruck, dass Dein Seminar missbraucht wird? Was hast Du getan?

Hatte ich schon. Das sage ich dem Auftraggeber und auch später im Seminar im Sinne der Transparenz. Dann ist die Frage: „Wie gehen wir als Seminar-Teilnehmer damit um? Wie kann ich als Führungskraft für mich trotzdem einen Mehrwert aus dem Seminar ziehen?“

Ich sage auch im Auftragsklärungsgespräch, dass ich das ansprechen werde. Wenn einer dann abspringen will, dann springt der halt ab. Das täte mir leid, ist aber noch nicht passiert.

Egal, wie hoch der Druck ist: Letztlich wollen doch alle das Gleiche.

Die gesamte Zufriedenheit im Team / in der Organisation erhöhen, um gemeinsam ein besseres Ergebnis zu erzielen. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der das nicht möchte. Das ist uns allen ein Bedürfnis.

 

Welche Tipps hast Du für angehende Gesund-Führen-Trainer/innen?

Nicht so streng zu sich selber sein. Unwissenheit zulassen. Die Gruppe ist immer schlauer als der Einzelne.

 

Was tust Du für Deine eigene Gesundheit?

Ich meditiere seit 7 Jahren jeden Tag, ich gehe 2-3mal pro Woche Laufen. Ich esse hochwerige Nahrungsmittel, wenig, dafür gutes Fleisch, und ich schlage ab und zu richtig schön über die Stränge mit allem.

 

Lieber Philipp, ganz herzlichen Dank für diesen interessanten Einblick in Deine Arbeit. Spannend finde ich dabei Deine ressourcen-orientierte Fokussierung auf das Individuum mit seinen Bedürfnissen in der Organisation. Alles ist für etwas gut oder hat seine guten Gründe. Diese Perspektive erlebe ich auch immer wieder als bereichernd.

 


Mehr über diesen Interviewpartner:

Philipp Grunwald
Dipl.-Sportwiss. (Uni)
Systemisches Coaching,
Systemische Teamentwicklung & Organisationsberatung

Inhaber von Das Perspektivenwerk in München.

Trainer-Profil von Philipp Grunwald (pdf-Datei zum Downloaden)

 

 

 

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