Langzeitkranke zwangsbesuchen?

veröffentlicht in: Fehlzeiten + Krankheit

Langzeitkranke mit einem Krankenbesuch beglücken: Darf man das, auch wenn diese das nicht wünschen? Diese Frage stellte mir eine Dame, die am Fehlzeiten-Profi-Trainingstag teilgenommen hat.

Frage einer Teilnehmerin zum Thema Langzeitkranke

Ich habe eine Frage bezüglich “Kontaktaufnahme zu Langzeiterkrankten” und wie diese unterstützend gestaltet werden kann bzw. was man tun kann, wenn der Erkrankte keine Kontaktaufnahme möchte:

Wir hatten kürzlich im AK Gesundheit das Thema Fehlzeiten/AU-Zeiten und Umgang mit Langzeiterkrankten. Mein oberster Chef wollte ein Gespräch mit der kranken MItarbeiterin schon davor – also vor dem von ihm durchgeführten Krankenrückkehrgespräch – also, wenn die Mitarbeiterin erkrankt noch zu Hause oder in einer Klinik ist.

Leitfaden zum Umgang mit Langzeitkranken?

Dazu wollte er einen Leitfaden entwickeln (lassen), wie er noch in der Krankheit mit erkrankten Mitarbeitern in Kontakt gehen kann. Dabei war die Zielformulierung, dass die Mitarbeiterin eine Unterstützung / Anerkennung frühzeitig erhält. So wollte er ggfs. zu einer besseren Gesundung beitragen und damit auch die AU-Zeiten reduzieren/verkürzen. Er dachte z.B. an Fälle, wo ein anderer Mitarbeiter aufgrund eines Unfalls oder Krebserkrankung im Krankenhaus liegt oder bei einer psychischen Erkrankung.

Zwangsbesuch zur Verbesserung der Anwesenheit?

Gleichzeitig hat er in diesem Rahmen geäußert, dass er einen Besuch bei der erkrankten Beschäftigten zu Hause plant – ohne diese vorher zu informieren.

Aufgrund meiner Erfahrungen aus anderen Arbeitsbereichen kann die Kontaktaufnahme einen Genesungsprozess auch verschlimmern. Je nachdem, wie die Beziehung zueinander ist, um was für eine Erkrankung es sich handelt und wie die Kontaktaufnahme erfolgt (vorbereitet und nachfragend oder unvorbereitet ohne zu fragen).

 

Meine Antwort darauf:

Ich würde an Ihrer Stelle Folgendes tun:

  1. das Engagement Ihres obersten Chefs loben, das ist ja nicht selbstverständlich; seine Beweggründe sind ehrenwert. Aber
  2. ihm dringend abraten von einer Kontaktaufnahme per eMail oder Telefon, wenn doch die Frau schon klar geäußert wurde, dass sie diese diese nicht wünscht! Und erst recht dringendst von einem Besuch abraten. Himmel …!
  3. Vielleicht können Sie Verständnis wecken. Ich habe früher immer sowas gesagt wie: „Mir selbst (das stimmt übrigens) wäre es, als ich noch angestellt war, überhaupt nicht recht gewesen, wenn mein Chef plötzlich vor meiner Tür gestanden hätte – auch wenn er einen Geschenkkorb dabei gehabt hätte; ich hab dann nicht die Haare schön, ich fühle mich dann nicht gut – und es ist mir einfach zu intim.“

Was hingegen möglich ist, meiner Empfehlung nach:

Eine handgeschriebene Karte mit Genesungswünschen, „wir vermissen Sie“, „was uns hier besonders fehlt, ist Ihr/e …“ – „ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Lust hätten auf ein Telefonat – dann kann ich Ihnen erzählen, was sich hin inzwischen getan hat, falls Sie mögen; wenn Sie sich fit genug fühlen, greifen Sie einfach zum Hörer“ … so ungefähr.

Also einladend, aber nicht bedrängend; persönlich, aber nicht intim.

Wenn es VOR der Erkrankung noch keine Vereinbarung mit den Team-Mitgliedern gab, dann darf da kein plötzlicher Schuss aus dem Hinterhalt kommen, und wenn er noch so nett gemeint ist. Man will den Menschen, der mit seiner Genesung beschäftigt ist, ja nicht verschrecken. Jetzt, während der Erkrankung, aus dem Nichts heraus die Bindung festigen wollen, das geht nicht.

Für die Zukunft: Anders vorgehen

Die Führungskraft kann höchstens daraus lernen, VON NUN AN mit allen zu vereinbaren, dass während längerer Erkrankungen auch mal telefoniert wird, z.B. bei der Verlängerung der Krankschreibung. Das erleichtert auch die Rückkehr für Langzeitkranke.

Langzeitkranke sind auch Thema am Fehlzeiten-Profi-Trainingstag

So, ich hoffe, das nützt Ihnen. Sonst melden Sie sich einfach wieder. Offenbar kann Ihr oberster Chef tatsächlich die Fehlzeiten-Profi-Trainingstag-Veranstaltung mit Ihnen gut brauchen … Wichtig ist, dass Sie das als unterstützendes Angebot verkaufen. Und natürlich, dass er sich nicht wegen Unwissens oder zwischenmenschlicher Trampligkeit auf den Schlips getreten fühlt.

Sie können das ja aufgreifen. Etwa indem Sie dazu sagen, „dass es  für viele Führungskräfte ein unsicher machendes Thema ist – und dass die Veranstaltung Sicherheit geben kann / dazu beitragen kann, dass man sich sicherer fühlt“.

Viele liebe Grüße – und nur her mit weiteren Fragen,

Anne Katrin Matyssek


Am Fehlzeiten-Profi-Trainingstag geht es nicht primär um Langzeitkranke, aber um einen anwesenheitsfördernden Umgang mit allen BeschäftigtenSie möchten mehr erfahren über den Fehlzeiten-Profi-Trainingstag?

Dann schauen Sie einfach hier:

>> Informationen zum Fehlzeiten-Profi-Trainingstag

 

 

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